Quempas-Singen 2017
Am 10. Dezember 2017 fand in der Sankt Wolfgangskirche in Reutlingen mit dem traditionellen Quempas-Singen wieder eines der stimmungsvollsten Weihnachtskonzerte der Region statt.
Das Quempas-Singen geht auf das Lied „Quem pastores“ zurück.
Es entstand aus der frühneuzeitlichen Zusammenstellung der beiden lateinisch-sprachigen Weihnachtsliedern „Quem pastores laudavere“ und „Nunc angelorum gloria“.
Die erste schriftliche Erwähnung dieser Zusammenstellung stammt aus dem 15. Jahrhundert, am bekanntesten ist aber wohl die Version von Michael Praetorius von 1607, die auch bei uns in Reutlingen gesungen wurde. Übersetzt bedeutet der Liedtext „Den die Hirten lobeten sehr“
Bereits im 15. Jahrhundert soll es die Tradition gegeben haben, dass eines der beiden Lieder oder beide von vier Solisten aus den vier Ecken der Kirche gesungen wurden und das Lied somit „durch die Kirche lief“. Ursprünglich geschah dies in der Messe am Weihnachtsmorgen.
Nach und nach wurde der Lieder-Kanon erweitert und das Quempas-Singen verlagerte sich in die Adventszeit. Immer noch Tradition ist es, dass die verschiedenen Liedbeiträge in verschiedenen Gruppierungen gesungen werden und aus „allen Ecken“ der Kirche kommen, in Reutlingen nun schon seit über 30 Jahren.
Den Anfang des Konzertes gestalteten alle Chöre gemeinsam, also Achalmfinken und music and more aus Eningen sowie die Chorgemeinschaft Sankt Wolfgang; sie zogen, angeführt von Chorleiterin und Gesamtorganisatorin Brigitte Neumann, mit Kerzen und dem „Seht, es naht die heilige Zeit“ in die dunkle Kirche ein und brachten so das Licht des Advent zu den Zuhörern.
Ein erster Einschub der Stubenmusik „Saitenklang“ aus Ofterdingen gab den Chören Zeit, sich zu verteilen. Im Altarraum blieben die Achalmfinken und music and more stehen. Den ersten Einzelauftritt hatten die Achalmfinken mit „Wir sagen euch an den lieben Advent“, teilweise sogar solistisch von den Jüngsten des Chors vorgetragen. Bei „O Tannenbaum“ und „Es ist für uns eine Zeit angekommen“ stimmte dann auch music and more ein.
Anschließend dünnte sich der Chorklang nach und nach aus; vor „Es blühen die Maien“ verabschiedeten sich die Achalmfinken, zum „Maria durch ein Dornwald ging“ stiegen die Männer von music and more aus, bis zu „Als Maria übers Gebirge ging“ nur noch Isabel Neumann, Rosalie Hehl und Silke Sautter vor dem Publikum standen, begleitet von der Stubenmusik, die anschließend wieder ein reines Instrumentalstück einschoben, das der Chorleiterin Zeit gab, zu den Chören auf der Empore zu kommen – denn damit die Musik durch die ganze Kirche läuft, sind auch die Aufführenden im ganzen Kirchenraum unterwegs.
Den Anfang auf der Hauptempore machten die jungen Damen von den großen Achalmfinken und Matthias Maier mit dem Duett „Hosianna in der Höhe“ von Heinrich Grimm, begleitet von Andreas Dorfner an der Orgel.
Wie zwischen vielen Stücken folgte eine kurze Überleitung von Andreas Dorfner mit der Orgel, um – Sie ahnen es schon – einen kurzen Laufweg eines Akteurs zu überbrücken. Ganz leise und andächtig sangen Isabel Neumann, Silke Sautter, Alexander Rabe und Matthias Maier mit „Still, still“ dem Jesus-Kind ein Schlaflied von der Seitenempore, worauf die Damen von Sankt Wolfgang mit „Auf dem Berge da wehet der Wind“ von der gegenüberliegenden Empore antworteten.
Den Damen antwortete das Männerensemble aus Sankt Wolfgang gemeinsam mit den Männern aus Eningen mit einem Männerchor aus Tirol „Es hat sich halt eröffnet“, ein sehr „spaßiges“ Lied, in dem die Engel vor lauter Freude Purzelbäume schlagen. Es folgte noch einmal die Stubenmusik, bevor der Namensgeber des Konzertes folgte: Das „Quem pastores“.
Den Anfang machten Kathrin Bussmann, Chiara Langner, Kira Sautter und Anne Schobert von den großen Achalmfinken, jeweils solistisch von vier verschiedenen Stellen der Empore. Anschließend stimmte music and more ein, der wieder im Altarraum Aufstellung genommen hatte, gefolgt von einem Echo durch den Wolfgangschor von der Hauptempore bevor dann alle Chöre gemeinsam ins Finale des Stückes einstimmten und die Zuhörer von allen Seiten mit Klang verwöhnten.
Noch einmal ergriffen die Männer „das Wort“, mit dem berührenden „Es wird schon gleich dunkel“ im Satz von Felix Groß, auf den die Tradition des Quempas-Singen in Reutlingen zurückgeht, und „Des allerschönst Kindl“ aus dem Salzburger Land.
Ebenfalls alpenländisch ging es mit dem „Andachtsjodler“ weiter; zunächst von Alexander Rabe, Hans Kehle und Matthias Maier begonnen, stimmten die Männer aus Sankt Wolfgang mit ein, übergaben dann an die Frauen von music and more im Altarraum, bevor alle Chöre mit einstimmten und den Zuhörern – so war es nach dem Konzert zu hören – eine Gänsehaut bescherten.
Die Stubenmusik gab den Sängerinnen und Sängern, der Chorleiterin Brigitte Neumann und Organist Andreas Dorfner die Gelegenheit, sich wieder von der Empore herunter und in Richtung Altarraum zu begeben.
Dort ging es aber zunächst mit music and more und „Da droben auf dem Berg“ weiter, gefolgt vom „O du liebes Jesukind“ von den Achalmfinken und „Schlaf wohl, du Himmelsknabe“ von beiden Eninger Chören zusammen.
Die Stubenmusik gab den Sängerinnen und Sängern aus Sankt Wolfgang Zeit, sich zu den Eningern zu gesellen, bevor es mit einem flotten „Feliz Navidad“ weiterging.
Noch einmal besinnlich wurde es mit „Still o Himmel“ und „Lichterglanz vom Himmelszelt“.
Zum letzten offiziellen Stück des Abends verteilten sich die Chöre noch einmal in einem Halbkreis um die Zuhörer und stimmten, in verschiedenen Besetzungen, das „Ubi caritas et amor“ von Hreidar Ingi Thorsteinsson an.
Zwar war das Konzert aufgrund des relativ schlechten Wetters und vieler Alternativveranstaltungen – in diesem Jahr sind es nur 3 Adventssonntage, an denen Konzerte stattfinden können – nicht ganz so stark besucht wie sonst, aber gefühlt war es dennoch das Quempas-Singen mit dem größten Applaus des Publikums, weshalb den Chören nichts anderes übrig blieb, als mit dem „Seht es naht die heilige Zeit“ noch einmal eine Zugabe zu geben, bevor sie das Publikum beseelt und zufrieden in die restliche Adventszeit entließen.
Bilder vom Quempas-Singen finden Sie in der Bildergalerie